Am Montag, den 29.06. fand im Paulussaal der erste Gerichtsprozess bezüglich der Besetzung der Gilgenmatten 28 im Oktober statt. Im Zuge der Squatting Days hatte dort am Abend des 21.Oktober 2019 der US-amerikanische Liedermacher David Rovics ein Konzert gespielt. Nach kurzer Zeit fuhr jedoch die Polizei vor und riegelte das Gelände ab. 13 Menschen blieben im Haus zurück und wurden gegen 3 Uhr in der Nacht von aggressiver Polizei mit Polizeihunden geräumt. Das Haus ist inzwischen abgerissen.
Heute wurde nun gegen sechs Menschen vor dem Jugendgericht unter Vorsitz der Richterin Mattern verhandelt. Weitere sieben Menschen werden nach Erwachsenenstrafrecht behandelt, ihre Prozesse werden folgen.
Bereits am Morgen fanden sich zahlreiche Unterstützer*innen vor Ort ein um den Prozess zu begleiten. Alle 20 öffentlich zugelassenen Sitzplätze waren belegt. Weitere Interessierte mussten, trotz ausreichend Platz, draußen bleiben. Am Einlass fanden ausführliche Kontrollen statt. Vor dem Saal versammelten sich rund 30 weitere Unterstützer*innen zu einer Kundgebung unter dem Motto “Frühstücken gegen Repression”.
Im Prozess machten die Angeklagten keine Aussage zur Tat. Ein Beschuldigter verlas eine politische Erklärung und kritisierte darin, dass nun Menschen, die einen Ort der Kultur besucht hätten, kriminalisiert würden, statt einer Eigentümerin, die Wohnraum leerstehen lässt. Die Erklärung nahm Bezug auf die Definition von Kriminalität und kritisierte die gegenwärtigen Gesetze. Diese dienten der besitzenden Schicht, nicht dem Gemeinwohl, so der Tenor. Die Erklärung nahm auch Bezug auf den Verfassungsschutzbericht für Baden-Württemberg und die Strategie des politischen Staatsanwalts. Dieser setzte die Besetzung in den Kontext der Squatting Days und forderte in fünf Fällen 70 Arbeitsstunden für den politischen Protest und 50 Tagessätze für eine der beschuldigten Personen.
Diesem Wunsch kam die Richterin allerdings nicht nach und verurteilte alle Angeklagten zu einer Jugendstrafe von 45 Arbeitsstunden, die innerhalb von vier Monaten abzuleisten seien. In ihrer Urteilsbegründung betrachtete die Richterin Hausbesetzungen als „legitim“, allerdings als illegal. Daher müsse sie eine Strafe verhängen.
Die Angeklagten äußerten sich zufrieden mit dem Urteil.